Ombudsfrau: EZB-Rat hat Gelegenheit verpasst, Offenheit und Transparenz zu demonstrieren

08.03.2014

Die Europäische Ombudsfrau, Emily O'Reilly, bedauert, dass der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) die Veröffentlichung eines Briefes blockiert, den der damalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet im November 2010 an den irischen Finanzminister schrieb. Zuvor hatte sich ein irischer Journalist beschwert, der den Brief einsehen wollte. Der Brief wurde auf dem Höhepunkt der Finanzkrise verschickt und rief die irische Regierung dazu auf, schnell zu handeln, um die Stabilität des irischen Finanzsystems zu schützen.

Emily O'Reilly erklärte: "Ich bedauere, dass der EZB-Rat die Gelegenheit verpasst hat, das Prinzip anzuwenden, wonach in einer Demokratie Transparenz die Regel und Geheimhaltung die Ausnahme ist. In Zeiten, in denen so viele Menschen unter den Sparmaßnahmen leiden, die durch die Wirtschaftskrise verursacht wurden, ist Offenheit und Transparenz der Entscheidungsträger das mindeste, das die Bürger erwarten können, deren Leben und das ihrer Familien direkt betroffen sind. Die Begründung des EZB-Rates, warum der Brief weiterhin geheim bleiben soll, hat mich nicht überzeugt."

Irischer Journalist verdächtigt EZB, sie habe Druck auf Irland ausgeübt

Der irische Journalist forderte im Dezember 2011 Einsicht in den EZB-Brief. Er vermutete, dass darin Druck auf Irland ausgeübt wurde, dem EU-Rettungsprogramm beizutreten.

Die EZB begründete ihre Weigerung, den Brief freizugeben, mit der Notwendigkeit, Irlands Finanzstabilität zu schützen. Der Brief sei in Zeiten verschickt worden, in denen ein hoher Druck auf den Finanzmärkten und Unsicherheit über die Zukunft der irischen Wirtschaft herrschte.

Nachdem sie den Brief eingesehen hatte, kam die Ombudsfrau zu dem Schluss, dass die EZB den Zugang zu dem Brief seinerzeit zu Recht verweigerte. Es seien jedoch inzwischen mehr als drei Jahre vergangen. Sie schlug der EZB deshalb vor, ihre Bemühungen um Transparenz zu demonstrieren und den Brief jetzt zu veröffentlichen.

Der EZB-Rat blockierte jedoch die Freigabe des Briefes mit der Begründung, der Schutz des öffentlichen Interesses in Bezug auf die Währungspolitik in der EU und die Finanzstabilität in Irland rechtfertige auch weiterhin Vertraulichkeit. Der EZB-Rat ist das höchste Beschlussorgan der EZB und besteht aus den sechs Mitgliedern des EZB-Direktoriums und den Präsidenten der 18 nationalen Zentralbanken der 18 Euro-Länder.

Der Europäische Ombudsmann untersucht Beschwerden über Missstände in den Verwaltungen der EU-Organe und -Institutionen. Alle Bürger, Einwohner, Unternehmen oder Verbände in einem Mitgliedstaat können sich beim Bürgerbeauftragten beschweren. Der Bürgerbeauftragte bietet eine schnelle, flexible und kostenlose Möglichkeit zur Lösung von Problemen mit EU-Behörden.

Für weitere Informationen: www.ombudsman.europa.eu