„Untersuchung darf kein Rohrkrepierer werden.“

Linke fordert Parlaments-Klage gegen Troika-Auflagen

02.02.2014
Jürgen Klute
Das Untersuchungsteam des Parlaments hat alle vier Programm-Länder besucht und dort Gespräche mit Entscheidungsträgern und Vertretern der Zivilgesellschaft geführt.

Die Untersuchung der Finanzpolitiker des EU-Parlaments zur bisherigen Arbeit der Troika in den Programmländern der Eurozone geht in ihre Abschlussphase. Am Donnerstag dieser schloss das Untersuchungsteam seine letzte von insgesamt vier Delegationsreisen ab. Bis Freitag dieser Woche blieb den Abgeordneten ihre Positionen und Forderungen zum Untersuchungsbericht einzureichen.

Der Vertreter der Linksfraktion im Untersuchungsteam Jürgen Klute zieht aus der bisherigen Untersuchungsarbeit eine positive Zwischenbilanz: „Nach Jahren, in denen nur mit dem Finger auf die Sorgenkinder der EU gezeigt wurde, geht die Diskussion nun endlich in eine andere Richtung. Mein Eindruck ist, dass wir einen Prozess angestoßen haben, der überfällig war, und nicht ohne weiteres umzukehren ist."

Bis vorraussichtlich Montag werden die ca. 900 Anträge, die beinahe zur Hälfte von Mitgliedern der konservativen EVP eingereicht wurden, vorliegen. Den Berichterstattern, Othmar Karas und Liem Hoang Ngoc bleiben dann drei Wochen um bis zur Abstimmung im Ausschuss am 24.2. eine gemeinsame Position zu formulieren.

Als Vertreter der Linksfraktion im Untersuchungsteam hat Klute ein Bündel konkreter Forderungen zur schrittweisen Abkehr des verfehlten europäischen Krisenregimes vorgelegt. Klute fordert das EU-Parlament auf, auf dem Klageweg gegen vertragswidrige Klauseln in den Reform-Memoranden vorzugehen. Im Blick hat er Vorschriften, die die Autonomie von Tarifparteien zerstört haben und das Recht auf Zugang zu Gesundheits- und Altersversorgung unterminiert haben. Klute stützt sich mit seiner Kritik auf entsprechende Resolutionen des Europarats, der ILO sowie ein Gutachten des Europarechtlers Fischer-Lescano. Weiterhin fordert Klute eine Fortführung des Untersuchungsprozesses zur Troika, Investitionspakete, um Wachstum und Beschäftigung in den Krisenländern anzukurbeln sowie konkrete Schritte für eine europäische Fiskal- und Sozialunion.

Klute appelliert an die Vertreter von CDU/CSU sich einer kritischen Bilanz der Troika-Maßnahmen nicht zu verschließen: „In den Krisenländern der Eurozone hat sich angesichts des dramatischen wirtschaftlichen Verfalls längst Resignation und Perspektivlosigkeit breit gemacht. Die Tatsache, dass das undemokratische Vorgehen und die katastrophalen Ergebnisse der Troika nun erstmal durch das Europäische Parlament infrage gestellt werden, schürt Hoffnungen auf einen Ausweg aus der Krise. Sollte das Parlament diese Erwartungen nun mit einem Rückzieher beantworten, können wir das europäische Projekt gleich beerdigen.“

Der Schwerpunkt des am Donnerstag abgeschlossenen Besuchs in Athen lag auf Gesprächen mit Vertretern des Zivilgesellschaft und sozialen Partnern. Jürgen Klute: „Auf Anregung meiner Fraktion haben wir uns auch mit Vertretern griechischer Ärzteverbände getroffen. Nach deren Angaben ist inzwischen einem Drittel der Bevölkerung der Zugang zur Gesundheitsversorgung verwehrt. Es ist leider alles andere als Panikmache, wenn die Opposition vor einer humanitären Krise warnt.“

Klute zu den übrigen Delegatationsreisen: „Eines ist aus allen Gesprächen, die wir in Portugal, Zypern, Irland und Griechenland geführt haben, sehr deutlich geworden: Die europäischen Geldgeber haben den Regierungen der Krisenländer eine Pistole auf die Brust gesetzt und sie zur Umsetzung rigoroser Spar- und Liberalisierungsprogramme gezwungen. Weder die Rechte der nationalen Parlamente, noch konkrete Verbesserungsvorschläge der Sozialpartner vor Ort oder der immer klarer werdende totale Misserfolg der Programme – für nichts außer die schockartige Senkung der Einkommen der Bürger und der Ausgaben des Staates hatte die Troika ein Auge.“

Den Berichtsentwurf, angeforderte Fragebögen von Entscheidungsträgern und Studien zur Arbeit der Troika finden Sie in unserem Themen-Dossier!

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Brüssel, 2.2.2014

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