EU-Parlament legt Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Steuerflucht vor

PRESSEMITTEILUNG des EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

22.05.2013

Die EU-Mitglieder sollten sich gemeinsam dafür einsetzen, die Steuerlücke von einer Billion Euro bis 2020 mindestens zur Hälfte zu schließen, fordert das Parlament in einer Entschließung, die es am Dienstag verabschiedet hat. Die Abgeordneten verlangen von den EU-Ländern eine Einigung über Maßnahmen gegen Steueroasen, die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung sowie die Schließung von Gesetzeslücken, die Steuerumgehung erlauben.

In einer weiteren, ebenfalls am Dienstag angenommenen Entschließung werden die Vorteile einer verbesserten Koordinierung der unterschiedlichen Steuersysteme für die EU-Mitglieder hervorgehoben. "Der Umfang des grenzüberschreitenden Steuerbetrugs ist skandalös, und einseitige nationale Maßnahmen werden nicht reichen, um ihn wirksam zu bekämpfen", sagte Mojca Kleva Kekuš (S&D, SI), die Berichterstatterin für die Entschließung über die Bekämpfung von Steuerbetrug, Steuerflucht und Steueroasen.

"Wir brauchen eine gemeinsame Plattform zum Abgleich von Steuerinformationen in den nächsten Jahren, und wachstumsorientierte Steuersysteme. Wir brauchen nicht mehr Steuern, sondern mehr Menschen und Unternehmen, die sie auch zahlen", sagte Ildiko Gáll-Pelcz (EVP, HU), Berichterstatter für den jährlichen Steuerbericht.

Schließung der Steuerlücke

Das Hauptziel sei, die Steuerlücke zu schließen, die laut dem Entschließungstext der Verlust an öffentlichen Einnahmen durch Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ist, aber auch durch legale Steuerumgehung und aggressive Steuerplanung, die Gesetzeslücken ausnutzt, sowie durch Unstimmigkeiten zwischen den Steuersystemen, und den Mangel an EU-interner und internationaler Zusammenarbeit.

Schätzungen zufolge geht in der EU alljährlich eine Billion Euro an öffentlichen Mitteln durch Steuerbetrug und Steuerumgehung verloren. Diese Steuerlücke kostet jeden europäischen Bürger im Jahr etwa 2000 Euro.

Schwarze Liste von Steueroasen

Um Steuerbetrug und -hinterziehung zu bekämpfen, fordern die Abgeordneten die EU-Länder dazu auf, eine eindeutige einheitliche Begriffsbestimmung für Steueroasen zu beschließen sowie eine europäische schwarze Liste der Steueroasen aufzustellen.

Keine öffentlichen Mittel für Steuerschummelei

Die Verpflichtung für EU-Mitglieder, die finanzielle Unterstützung beantragen, ihre Kapazitäten in den Bereichen Steuererhebung und Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung zu verbessern, sollte sich auch auf Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Steuerumgehung und aggressiver Steuerplanung erstrecken, so die Abgeordneten.

Unternehmen, die gegen die Steuernormen der EU verstoßen, sollten keine EU-Mittel oder staatlichen Beihilfen erhalten, so die Entschließung, deren Text auch alle Unternehmen, die an öffentlichen Auftragsvergabeverfahren teilnehmen, zur Offenlegung von Informationen, die mit Strafen oder Urteilen aufgrund steuerrechtlicher Delikte im Zusammenhang stehen, verpflichten will. Behörden sollte die Möglichkeit eingeräumt werden, Verträge zu beendigen, wenn der Auftragnehmer in der Folgezeit gegen die Steuervorschriften verstößt.

Zur Verhinderung von Steuerumgehung sollten die EU-Mitgliedstaaten auch Datenbanken von Kraftfahrzeugen, Land, Jachten und anderen Vermögenswerten nutzen sowie auf geschützte Informanten und journalistische Quellen zurückgreifen, so die Entschließung.

Zölle und Mehrwertsteuer

Da die EU keine Kompetenzen im Bereich der Steuerpolitik hat, bleibt es weitgehend den Mitgliedstaaten überlassen, den Kampf gegen Steuerbetrug zu intensivieren. Die Abgeordneten fordern sie dazu auf, zusammenzuarbeiten, um Steuerbemessungsgrundlagen zu harmonisieren sowie Maßnahmen durchzusetzen, die die Verlagerung von Gewinnen in Steueroasen zur Steuerumgehung verhindern können, und Steuer- sowie Zolldaten abzugleichen, um Mehrwertsteuerbetrug zu verringern.

Schließlich verlangen die Abgeordneten von der EU, dass sie in multinationalen Organisationen und Gremien die Führung übernehmen sollte, um Transparenz und Informationsaustausch zu verbessern. Sie weisen darauf hin, dass durch Steuerumgehung den Haushalten von Entwicklungsländern Schätzungen zufolge pro Jahr Steuereinnahmen in Höhe von etwa 125 Mrd. Euro verloren gehen – was einem Betrag entspricht, der beinahe doppelt so hoch wie die internationale Hilfe ist, die diese Länder erhalten.

Um das Wachstumspotenzial in der EU zu verbessern und einen schädlichen Steuersenkungswettlauf so gering wie möglich zu halten, empfehlen die Abgeordneten in der Entschließung über den jährlichen Steuerbericht eine sogenannte EU-weite „Steuerschlange" einzuführen, um die Koordinierung zwischen den Mitgliedern zu vereinfachen, ein System der Steuerinformation zu schaffen und die Senkungen und Anhebungen in den Steuersystemen der einzelnen Länder zu verfolgen und zu dokumentieren.

Debatte: Dienstag, den 21. Mai

Abstimmung: : Dienstag, den 21. Mai

Verfahren: Nichtlegislative Entschließung

REF : 20130521IPR08701