Keine Kriminalisierung von Antifaschismus

17.03.2010

Studie der Initiative für gesellschaftliches Engagement (IfgE) zu Fällen politischer Justiz hier!

OFFENER BRIEF

Sehr geehrter Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeister,

mit Unverständnis haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Staatsanwaltschaft gegen
Aktivist/innen des Bündnisses „Duisburg stellt sich quer" / „Marxloh stellt sich quer!"
Ermittlungen aufgenommen hat. Das Bündnis ruft anlässlich der Ende März geplanten
Aktionen von PRO NRW und der NPD zu Gegenaktivitäten auf. Der Vorwurf der
Staatsanwaltschaft lautet „Aufruf zu Straftaten" und macht sich unter anderem an der
Webseite www.gelsenkirchen-nazifrei.de und dem veröffentlichten Aufruf fest, in dem zu
Blockaden aufgerufen wird.


Dieser skandalöse Versuch der Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen Engagements gegen
Neofaschisten reiht sich nahtlos in die Repressionswelle der letzten Monate ein, die sich
insbesondere gegen Aktivist/innen des Bündnisses „Dresden nazifrei" richtete, ein.
Ein solches Vorgehen steht nicht nur im Widerspruch zu den von allen demokratischen
Parteien immer wieder erneuerten Aufrufen an die Bürger/innen, gegenüber Faschismus,
Rassismus und Antisemitismus Zivilcourage zu zeigen und sich zur Wehr zu setzen, sondern stärkt zusätzlich die rechte Szene.


Gerade die Proteste von Dresden und Jena, an denen ein breites Spektrum von
Organisationen, Parteien und prominenten Einzelpersonen beteiligt war, haben gezeigt,
dass couragierte Bürger/innen mit ihren legitimen gewaltfreien Sitzblockaden, ein
deutliches und notwendiges Zeichen gegen die zunehmenden Aufmärsche von
Neofaschist/innen und Rassist/innen setzen können. Dieses zivilgesellschaftliche Engagement muss gestärkt und ausgebaut, aber nicht kriminalisiert werden, weil gerade dieses Engagement für eine funktionierende Demokratie spricht.

Darüber hinaus dürfte auch den Strafverfolgungsbehörden in Gelsenkirchen und Duisburg
inzwischen bekannt sein, dass Sitzblockaden vom Bundesverfassungsgericht als friedliche
Protestform und als nicht strafbar bewertet wurden.

Wir erklären uns mit den von Ermittlungsverfahren belegten Aktivist/innen Michael
Lefknecht, Sylvia Brennemann und Rolf Jüngermann solidarisch und fordern Sie hiermit
auf, sich aktiv gegen diese Form von Kriminalisierungs- und Einschüchterungsversuchen zu
wenden und sich für die Einstellung der Verfahren auszusprechen.

Mit freundlichen Grüßen,

Jürgen Klute, MdEP
Sevim Dağdelen, MdB

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