Aufruf an ChristInnen: Europawahl 2014 ernst nehmen!

Leitfaden des EKD-Büros Brüssel zur Europawahl 2014

24.03.2014
OKR‘in Katrin Hatzinger, Leiterin des EKD-Büros Brüssel

Das Jahr 2014 ist ein besonderes europäisches Jahr: Es ist ein Jahr des Gedenkens: an den Ausbruch des Ersten und des Zweiten Weltkriegs und an die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands vor 25 Jahren. Es ist aber auch ein Jahr der Entscheidungen. Vom 22. bis 25. Mai wird in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union das neue Europäische Parlament gewählt, in Deutschland am 25. Mai. Von diesen Wahlen hängt in hohem Maße die Europapolitik der nächsten Jahre, aber auch das Bild Europas in der Öffentlichkeit ab. Noch stärker als in den Jahren zuvor machen sich rechtspopulistische und -extremistische Parteien bereit, einen Sitz in Straßburg bzw. Brüssel zu erringen, und von dort gegen die europäische Idee Stimmung zu machen.

Die andauernde Staatsschulden- und Finanzkrise hat das Vertrauen vieler Menschen in das europäische Projekt geschwächt. Die Spar- und Reformpolitik in der EU verlangt oft den Schwächsten große Opfer ab. Deutschland wiederum sieht sich in die undankbare Rolle des Zahlmeisters gedrängt. Bestehende Unterschiede vertiefen sich: zwischen Nord und Süd, Arm und Reich, den Eurostaaten und den Staaten außerhalb der Eurozone. Nationale Stereotypen erleben Wiederauferstehung und eine Rückkehr in die Geborgenheit des Nationalstaats samt D-Mark erscheint manch einem verheißungsvoll. Das alles macht nachdenklich und manchmal auch ängstlich.

Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber. In den letzten 100 Jahren hat Europa viel dazu gelernt und durch die Krise ist Europa wieder ein Stück enger zusammengewachsen, politisch und institutionell. Wie kostbar der Frieden in Europa und wie wertvoll die Errungenschaften der EU bei der Bewahrung von Frieden, Wohlfahrt und Freiheit durch politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit sind, wird uns angesichts der Entwicklungen in der Ukraine vor Augen geführt. Die Regulierung der Finanzmärke wird in Europa vorangetrieben, die Weichen für die Wirtschafts- und Währungsunion werden in Brüssel gestellt, langsam, aber sicher zeigen sich in den Krisenländern Erfolge bei der Sanierung der Staatsfinanzen und der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Seit 2008 hat die

Aufmerksamkeit für europäische Themen in den nationalen Medien merklich zugenommen, auch interessieren wir uns mehr für die Politik unserer Nachbarn. Die Krise macht uns deutlich, wie sehr wir miteinander vernetzt sind und dass wir einander brauchen.

Als Reaktion auf europakritische oder -skeptische Stimmen ertönt oft pauschal der Ruf nach „mehr Europa“. Doch wir brauchen vor allem mehr Klarheit darüber, wer auf welcher Ebene für welches Politikfeld zuständig sein soll. Wir brauchen handlungsfähige Institutionen, klare Verantwortlichkeiten und überzeugte Europäer. Anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 2012 unter dem Titel „Für eine gemeinsame Zukunft in einem geeinten Europa“ ein Wort zur Stärkung des europäischen Zusammenhalts veröffentlicht. Darin heißt es: „Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union hat ihren Preis. Europa aber hat vor allem einen Wert.“

Um herauszufinden, wie das Europa der Zukunft aussehen kann, sind auch die Kirchen und Christinnen und Christen als aktiver Teil der Zivilgesellschaft gefordert, eine breite gesellschaftliche Debatte anzustoßen. „Europa zu unserer Sache machen“, heißt es im Wort der EKD. Dazu gehört auch, sich für Europa zu engagieren und über den Kurs Europas zu streiten. Denn Europa – das sind wir alle.

In der Vergangenheit haben nationale Themen oft den Europawahlkampf überlagert und die Europawahlen wurden als Gelegenheit gesehen, den etablierten Parteien einmal einen Denkzettel zu verpassen. Die Europawahl 2014 erneut als Protestwahl – das wäre eine verpasste Chance. Dazu sind die Herausforderungen der nächsten Jahre zu groß.

Als evangelische Christinnen und Christen sollten wir uns als Teil dieses Europas begreifen und uns aktiv in die Europadebatte einmischen. Jedenfalls sollten wir uns am 25. Mai beteiligen, damit nicht Extremisten und Rechtspopulisten von der mangelnden Wahlbeteiligung profitieren.

Im evangelischen Raum gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten zu den Europawahlen: Exemplarisch genannt seien die Aktionen der Diakonie Deutschland, der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend (aej) oder des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA). Der Leitfaden des EKD-Büros ist als Handreichung für die Landeskirchen, lokale Gemeinden und evangelische Einrichtungen gedacht, die sich im Vorfeld der Europawahlen genauer informieren möchten, wen wir eigentlich am 25. Mai wählen, wie das Verfahren abläuft und warum diese Wahlen uns gerade auch als evangelische Christinnen und Christen etwas angehen.

Ich wünsche Ihnen einen anregende Lektüre und hoffe, Sie stimmen am 25. Mai mit!
OKR‘in Katrin Hatzinger, Leiterin des EKD-Büros Brüssel

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