Ukraine: Demokratisierung statt Machtübernahme

Helmut Scholz kritisiert einseitige Parteinahme der EU in der Ukraine

28.01.2014
Helmut Scholz

Unmittelbar vor einer Reise von Vertretern verschiedener Fraktionen des Europäischen Parlaments in die Ukraine hat der LINKE-Europaabgeordnete Helmut Scholz vor einer einseitigen Parteinahme für eine der Konfliktparteien gewarnt. Der Delegation, die am Dienstag in Kiew erwartet wird, gehören neben Scholz unter anderem der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Elmar Brok (EVP), und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms an.

„Eine einseitige Unterstützung der so genannten Opposition in der Ukraine macht die Möglichkeiten der Europäischen Union und ihrer Mitglieder, auf eine politische Lösung des von beiden Seiten immer gewaltsamer ausgetragenen Konflikts zu drängen und sich als Vermittler einzubringen, unmöglich“, so Scholz. Stattdessen müsse das politische und diplomatische Gewicht der EU genutzt werden, um jene Konfliktparteien, die an einer friedlichen Lösung interessiert sind, an einen Tisch zu bringen – was angesichts der andauernden Gewalt mehr als dringlich erscheine.

„Zugleich sind zielorientierte Gespräche zu forcieren und dabei ebenso kurz- und mittelfristige Unterstützungsmöglichkeiten der EU für einen Weg aus der tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise des Landes in Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger aufzuzeigen.“ Das müsse in Kenntnis der engen Verflechtung der ukrainischen Wirtschaft mit dem eurasischen Wirtschaftsraum erfolgen.

Als außerordentlich gefährlich sieht der Abgeordnete die Tatsache, dass die für eine Veränderung der gegenwärtigen politischen Verhältnisse und den Rücktritt der ukrainischen Staatsführung Protestierenden mehr und mehr von nationalchauvinistischen und neofaschistischen Kräften dominiert werden: „Ein unkritisches Herangehen an die 'Opposition' verbietet sich angesichts dieser Entwicklung von selbst. Leider wird jedoch der Kurs westlicher Regierungen, die in den vergangenen Wochen offen Partei für die Proteste der Straße und nicht für Verhandlungen nahmen, in dieser Richtung fortgesetzt.“

Außer Acht gelassen worden von den Hauptkonfliktparteien – sowohl der Regierung als auch des „Maidan“ – seien bisher auch vernünftige Forderungen linker politischer Kräfte und sozialer Bewegungen, so die nach Einstellung jeglicher Gewalt, nach breitem gesellschaftlichen Dialog und Verhandlungen, nach Einrichtung eines unabhängigen bürgerschaftlichen Organs „Volkskontrolle“ und nach Reformen des politischen und juristischen Systems in der Ukraine sowie für ein Referendum über die künftige auch außenwirtschaftliche Ausrichtung des Landes. Gerade weil es um demokratische Werte gehe, müsse das Bemühen um politische Lösungen auch bei der Delegationsreise von Europaabgeordneten zum Tragen kommen.“

Einbezogen werden in eine dauerhafte und tragfähige Beilegung der Krise in der Ukraine muss nach Ansicht des Abgeordneten auch Moskau. „Letztlich sind die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der Ukraine zu einem Spielball der Auseinandersetzungen zwischen EU und Russland geworden“, analysierte Helmut Scholz mit Verweis auf den EU-Russland-Gipfel in Brüssel. „Einen 'Stellvertreterkonflikt' wie zu Zeiten des Kalten Kriegs darf es nicht geben“.

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Brüssel, 28. Januar 2014

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