Banken haben auch eine Verantwortung für die Gesellschaft.

04.07.2012
Jürgen Klute
Bankkonto für jede und jeden!

Herr Präsident, sehr geehrter Herr Kommissar Barnier! Auf unserer Agenda steht diese Woche ein legislativer Initiativbericht zum Thema Zugang zu Basiskonten. Das Parlament macht klare und detaillierte Vorschläge, wie eine Gesetzesinitiative der Kommission aus seiner Sicht aussehen könnte und sollte.

Der erste klare Vorschlag betrifft den Zeitplan: Eine sehr große Mehrheit im federführenden Ausschuss, im ECON, ist der Meinung, dass wir bei diesem Thema nicht unnötig weitere Zeit verlieren sollten und dürfen. Wir fordern daher die Kommission auf, dem Parlament bis Januar 2013 einen legislativen Vorschlag zu unterbreiten. Ich denke, da befinden wir uns durchaus auf einer Linie mit Herrn Barnier.

Wir sind der Meinung, dass die EU den 30 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, die ihren Alltag bisher ohne ein eigenes Bankkonto gestalten, ermöglichen muss, sich in normale Wirtschaftskreisläufe zu integrieren. Ohne Konto werden Selbstverständlichkeiten schnell zu einem unlösbaren Problem. Das Anmieten einer Wohnung, der Zugang zu Energie oder die Integration in eine moderne Arbeitswelt: Ohne ein Bankkonto ist das in den meisten Staaten kaum machbar. Wir meinen, dass all das nicht an der Renditemaximierung von Bankinstituten scheitern darf.

Um es mit den Worten des Berichts zu sagen: Eine funktionierende soziale Marktwirtschaft, einen modernen Binnenmarkt erreichen wir nur, wenn diese Verantwortung auch tatsächlich wahrgenommen wird. Doch seien wir ehrlich: Viele Bürger trauen der EU nicht mehr zu, diese Ziele zu verwirklichen. Wenn es hart auf hart kommt – wie in der gegenwärtigen Krise –, dann bleibt für die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger vieles nur schöne Worte. Sie sehen vor allen Dingen, dass die EU mit großen Rettungspaketen die Banken unterstützt, und viele Bürger fühlen sich im Regen stehen gelassen. Das ist doch zumindest der Eindruck, der sich bei immer mehr Bürgern in immer mehr Ländern der Europäischen Union festsetzt.

Der Bericht, über den wir morgen abstimmen, war ursprünglich nicht als Initiativbericht geplant. Wenn die Kommission in ihrer Mehrheit ihren eigenen Plänen treu geblieben wäre, könnten wir den Bürgern heute schon ein Verhandlungsergebnis präsentieren. Dann könnte das europaweite Verbraucherrecht auf ein Konto bereits auf dem Weg oder sogar schon Wirklichkeit sein.

Wir halten die bisherige Bilanz der Empfehlung, die die Kommission an die Mitgliedstaaten gerichtet hat, für enttäuschend. Manche Antworten, die aus den Mitgliedstaaten auf die Anfrage, auf die Länderberichte der Kommission gekommen sind, ähneln mehr einer Satire als einer vernünftigen und bürgernahen Politik. Um das zu verstehen, sollten wir uns eines vergegenwärtigen: Wir haben es bei der Frage des Zugangs zu Konten mit gesellschaftlichen Interessen zu tun, das ist normal. Es sind Interessen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, was ihre Einflussmöglichkeiten angeht. Politik muss daher einen fairen und gesellschaftlich wünschenswerten Interessensausgleich organisieren. Das ist unsere Verantwortung als Politiker, als Mitglieder dieses Parlaments.

Ich kann hier nicht auf alle Punkte des Berichts eingehen, ich will nur einige aus meiner Sicht zentrale Punkte kurz benennen und darauf eingehen. Stichpunkt Kosten: Ein Basiskonto sollte kostenfrei oder doch zumindest kostengünstig angeboten werden. So steht es in dem Bericht. Um dies sicherzustellen, sollen die Mitgliedstaaten eine verbindliche Obergrenze festschreiben. Die Kommission sollte daneben prüfen, wie eine EU-weite Obergrenze für Gebühren für ein Basiskonto aussehen könnte. Ohne eine klare Kostenregelung erreichen wir unsere Zielgruppe nämlich nicht.

Der Zugang ist ein weiterer Punkt. Die bürokratischen Hürden für Verbraucher, die auf ein Basiskonto angewiesen sind, müssen so gering wie möglich gehalten werden. Finanzielle Ausgrenzung geht Hand in Hand mit sozialer Ausgrenzung. Subsidiarität ist ein weiterer Punkt. Mit einer Richtlinie könnte auf nationale Besonderheiten Rücksicht genommen werden. Wenngleich möglichst alle Banken unter die Richtlinie fallen sollten, denken wir, dass die Mitgliedstaaten am besten in der Lage sind, mögliche Ausnahmen zu definieren.

Zum Ende meiner Ausführungen möchte ich mich noch bei dem Verhandlungsteam, bei der Führung ECON und auch beim Ausschuss für Binnenmarkt ganz herzlich bedanken, aber auch bei Kommissar Barnier, mit denen es eine sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit gegeben hat. Das hat sicherlich wesentlich zum Gelingen des Berichts beigetragen.

Download-Dokumente: