Demütigung der Krisenländer muss aufhören

PLENARREDE von JÜRGEN KLUTE zur EU-WIRTSCHAFTSREGIERUNG

15.06.2012

Mit dem sogenannten "Two Pack", das wir heute diskutieren, sollen weitere Durchgriffsrechte gegen Krisenländer in der Eurozone geschaffen werden. Das Europäische Semester, das zunächst als Rahmen für eine notwendige, bessere Koordinierung der Finanz- und Wirtschaftspolitik geschaffen wurde, soll Zähne bekommen. Nach dem Willen der Kommission sollen Mitgliedsländer gezwungen werden können, Finanzhilfen anzunehmen.

Mit dem Six Pack sind aber bereits seit einem halben Jahr weitgehende Sanktionsmöglichkeiten in Kraft, die gegenüber Euro-Staaten mit Finanzproblemen verhängt werden können. Das Europäische Semester wird von den Bürgern bereits jetzt mehr als Demokratieabbau denn als sinnvolles wirtschaftspolitisches Koordinierungsinstrument wahrgenommen. Gleichzeitig droht die deutsche Regierung den griechischen Bürgern offen mit Rausschmiss aus der Eurozone, sollten sie sich bei der Wahl am Sonntag "falsch" entscheiden

Ich frage deshalb: Wieso hören wir nicht auf mit diesen demütigenden und undemokratischen Drohgebärden? In einer Situation, in der sich die Eurokrise erneut dramatisch zuspitzt, bringt es uns nicht weiter, Mitgliedsländer, die in der Krise stecken, gegen die Wand zu stellen.

Stattdessen sollten wir endlich Lösungen entwickeln! Die Berichterstatter haben einige sinnvolle Ansätze entwickelt - die Schaffung eines Tilgungsfonds ist sehr wichtig. Auch der Ansatz von Jean-Paul Gauzès einer geordneten Insolvenz ist zumindest diskussionswürdig. Zentral ist aber, dass Europa eine gemeinsame und solidarische Kraftanstrengung unternimmt, um die Eurozone wieder auf Wachstumskurs zu bringen!

Die starken Länder in Europa müssen aufhören, selbstzufrieden mit dem Finger auf ihre Partner zu zeigen. Sie müssen anfangen, ihre Hausaufgaben zu machen, und in Wachstum investieren und ihre Verantwortung übernehmen. Die bisherige Politik des Kaputtsparens à la Merkel fährt die Karre nicht aus dem Dreck - sie hat die Eurokrise erst zum Eskalieren gebracht, und verschlimmert unsere Lage jeden Tag weiter.