Und weg ist das Geschenk...

BEITRAG von JÜRGEN KLUTE, in UNSERE KIRCHE

13.03.2008

Konfirmation – feierlicher Höhepunkt im jungen Leben. Aber vor dem Sozialgesetz und Hartz IV sind da längst nicht alle gleich.

Nach dem Hartz-IV-Gesetz ist bei Einnahmen immer zu prüfen, ob die Bedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft gegeben ist. Das gilt auch für Konfirmations- und Kommunionsgeschenke, erläuterte die Sprecherin der NRW-Regionalagentur für Arbeit, Diana Appelhoff. Geschenke bis zu einem Wert von 50 Euro seien kein Problem. Aber alles, was über 50 Euro hinausgehe, gelte grundsätzlich als Einnahme. Und Einnahmen sind grundsätzlich auf die ALG-II-Leistung anzurechnen.

Geschenke werden vom Sozialamt einkassiert

Konfirmation und Kommunion sind einmalige Feiern im Leben eines Menschen. Geschenke, die zu diesem Anlass gemacht werden, auf ALG-II-Leistungen anzurechnen, ist deshalb ein Skandal. Sinnfälliger kann die Spaltung unserer Gesellschaft kaum noch werden: Die Kinder der Familien, die ihre Einkommen selbst erwirtschaften können, können Geschenke in einem beliebigen Wert bekommen. Ihre Geschenke stehen unter dem Schutz des Privateigentums, den das Grundgesetz garantiert.

Kindern hingegen, deren Eltern auf ALG-II-Leistungen angewiesen sind, gilt der grundgesetzliche Schutz des Privateigentums nicht mehr. Die Hartz-Gesetze verpflichten die Agentur für Arbeit, ihnen Geschenke im Wert von über 50 Euro faktisch zu enteignen, indem sie auf die ALG-II-Leistungen angerechnet werden.

Der Willkür der Arbeitsagenturen unterworfen

Die Entscheidung darüber ist bis zu einem gewissen Grad ins Ermessen der Mitarbeitenden der örtlichen Arbeitsagenturen gelegt. Damit ist sie letztlich deren Willkür überlassen. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um Geschenke im Millionenwert, die einen ALG-II-Beziehenden dauerhaft zu einem wohlhabenden Kapitaleigner machen. Der grundgesetzlich verankerte Schutz des Eigentums gilt also nur dem, der hat, nicht aber dem, der auf Solidarleistungen angewiesen ist.

Das ist eine radikale Abkehr von der im Grundgesetz verankerten Sozialpflichtigkeit von Eigentum, zu der die Enteignung der Armen, wie sie durch Hartz-IV festgeschrieben ist, im krassen Gegensatz steht.
Die Kirchen verstehen sich als Glaubensgemeinschaften, deren Lebenspraxis auf dem Prinzip der Gleichheit aller Menschen, der Nächstenliebe und einer gerechten und solidarischen Güterverteilung basiert.

In ihrem Sozialwort „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ von 1997 haben die evangelische und die katholische Kirche sehr konkret beschrieben, was diese Prinzipien für das praktische Leben und Wirtschaften heute bedeuten. Die in unserer Gesellschaft existierende Armut mit dem gleichzeitig bestehenden Reichtum dieser Gesellschaft zu bekämpfen, war eine der Forderungen des Sozialwortes.

Wo bleibt der Protest der Kirche?

Wo aber bleibt heute der Protest der Kirchen gegen die drohende Enteignung der Konfirmations- und Kommunionsgeschenke der Kinder von ALG-II-Beziehenden? Die christliche Nächstenliebe macht diesen Protest zur Pflicht einer jeden Kirchengemeinde, eines jeden Pfarrers und einer jeden Pfarrerin. Möglichkeiten gibt es genug: Von der Predigt über Resolutionen der Kirchengemeinde, Anfragen, Protestbriefen und Anträgen an Kommunalparlamente, Kreistage, Landesparlamente und Bundestag.

Noch ist ausreichend Zeit, den politischen Druck aufzubauen, damit den Kindern der ALG-II-Beziehenden nicht die Konfirmations-, und Kommunionsgeschenke enteignet werden. Die Kirchen sind an dieser Stelle gefordert.

Der Artikel ist auch hier[1] nachzulesen!

Links:

  1. http://www.unserekirche.de/gesellschaft/aktuell/und-weg-ist-das-geschenk_889.html