Wer wird die Zeche bezahlen?

BLOG von MICHAEL PREINER, erschienen in FREITAG community

21.01.2010

Der Europäische Rat wird im Frühjahr über eine neue Strategie EU 2020 beraten. Die alte Strategie EU 2010 hatte das Ziel, die USA beim Wirtschaftswachstum zu überholen. Damals war die IT-Branche der Hoffnungsträger. Bei EU 2020 soll der Kampf gegen die Klimakatastrophe das Heil bringen. Die beiden LINKEN Jürgen Klute (Europaabgeordnerter und Mitglied des Wirtschaftsausschusses) und Hanna Penzer (Leiterin des Büros von Jürgen Klute) haben erhebliche Zweifel am Erfolg der neuen Strategie.

„Anzeichen zum Umsteuern einer grandios gescheiterten Politik jedenfalls muss man in Europa vergeblich suchen. So verbirgt sich auch hinter der Neuordnung der Finanzmarktaufsicht weniger ein Schutz vor zukünftigen Krisen als vielmehr ein neuerlicher Anlauf zur Integration der europäischen Finanzmärkte – wie schon anno 2000 in Lissabon vereinbart", so die beiden in einem Thesenpapier von dieser Woche. Sie werfen darin auch die Frage auf, wer die Zeche der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise zahlen soll. Vor allem die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden die Rechnung begleichen müssen, so die Befürchtungen der LINKEN. In der von den USA vorgeschlagene „Crisis Responsibility Fee" sehen sie eine gerechte Möglichkeit, die Verursacher der Krise auch an deren Folgen zu beteiligen.

Obama plant von 50 Großbanken eine Sonderabgabe auf die Bilanzsumme einzuheben. Seine Administration verspricht sich davon ca. 117 Milliarden US$. Experten schätzen die Kosten für die Deutsche Bank auf rund eine halbe Milliarde Dollar. Diese Finanzmarktabgabe ist allerdings in Europa höchst umstritten. Die deutsche Regierung hält sehr wenig davon, während vor allem Schweden und selbst Großbritannien darin eine Möglichkeit der Lastenverteilung sehen. „Die „Gebühr" für die Finanzkrise zeigt auch, dass die Politik die Wahl hat – zwischen Geschenken an die Wirtschaft oder sozialem Fortschritt für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Dabei bleibt jedoch ein Problem: „Sollten US-Banken zur Kasse gebeten werden, ihre Konkurrenten in Europa jedoch nicht, wird die mutige Initiative der US-Regierung schwer durchzuhalten sein", so Jürgen Klute. In der Zwischenzeit ist darüber eine heftige Diskussion entstanden. Der schwedische Finanzminister Anders Borg hat letzte Woche bei einer Finanzministertagung eine Bankenabgabe nach USA-Vorbild gefordert. Der scheidende EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs sieht für eine Einigung beim informellen Treffen im April eher eine geringe Chance auf solch eine Abgabe. "Ich würde nicht zu viel darauf verwetten, dass man eine Abgabe einführt, auch wenn Steuern für Banken zur Zeit populär sind", macht er die Haltung der Kommission klar. Die Bundesregierung sieht die Abgabe eher skeptisch. Die FDP lehnt eine solche Abgabe als kontraproduktiv ab. „Neue Steuern sind mit der FDP nicht zu machen", wehrt der Obmann der FDP-Fraktion im Bundestags-Finanzausschuss, Frank Schäffler, alle Begehrlichkeiten ab. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht in dem Vorschlag der USA zumindest eine positive Perspektive für die G20-Gespräche der Staats- und Regierungschefs. Damit werde die von den USA bis dato immer abgelehnte Finanzmarkttransaktionssteuer wieder attraktiver. Diese Lösung ist das Lieblingskind einiger EU Regierungschefs, u.a. vom Gordon Brown, Angela Merkel, Nicolas Sarkozy, Werner Faymann und dem Spanier José Luis Zapatero. Ob Angela Merkel solch eine Steuer allerdings gegen die FDP durchsetzen kann, bleibt die Frage. Die nächsten Wochen bleiben in diesem Bereich und im Bereich EU 2020 spannend, denn die Diskussionen darüber laufen gerade erst richtig an und unterschiedlicher könnten die Meinungen kaum sein. Am Ende werden wir vielleicht wissen, wer die Zeche zahlt.