Ratingagenturen unterliegen neuer Aufsichtsbehörde

DIREKT AUS DEM PLENUM !

15.12.2010

Pressemitteilung von Jürgen Klute

„In einem Punkt", so fasst Jürgen Klute, Koordinator der LINKEN im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments, zusammen, „ist die verabschiedete Neufassung der Aufsicht von Ratingagenturen zu begrüßen: Aufsicht und Registrierungspflicht liegen jetzt bei der neu geschaffenen europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde."

In allen anderen Punkten sei der Kompromiss zwischen Kommission, Ministerrat und Parlament enttäuschend. „Selbst der halbherzige Versuch, mit der Förderung unbeauftragter Ratings das verheerende Prinzip zu durchbrechen, nach dem der Herausgeber der Wertpapiere deren Bewertung bezahlt, ist bei den Verhandlungen auf der Strecke geblieben." Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, verhaltenen Druck auf die Ratingagenturen auszuüben, damit sie Ratings ohne entsprechenden Auftrag erstellen. So sollten zumindest für komplexe Wertpapiere auch Bewertungen vorliegen, die nicht vom Herausgeber des Papiers selbst in Auftrag gegeben wurden.

„Leider wurde daneben die Chance versäumt, einer schon lange diskutierten europäischen Ratingagentur einen Schritt näher zu kommen – mit einer solchen Agentur könnte das Oligopol der drei Markt beherrschenden Firmen zumindest teilweise eingeschränkt werden."

„Wir werden jedoch nicht nachlassen, auch weiterhin eine starke Aufsicht von Ratingagenturen zu fordern. Für das Frühjahr 2011 bereitet die Kommission eine weitere Richtlinie vor." Dort, so heißt es aus Kommissionskreisen, soll tiefer in die Regulierung der Agenturen eingestiegen werden. Spätestens mit dieser Richtlinie muss der nicht vorhandene Wettbewerb zwischen den Agenturen ebenso auf die Tagesordnung kommen wie die Behandlung öffentlicher Schulden und die Einrichtung einer öffentlichen europäischen Ratingagentur.

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Rede im Plenum

Herr Präsident! Ich möchte einfach nur einmal daran erinnern, dass Griechenland gestern Abend von der Rating-Agentur Moody erneut heruntergestuft worden ist. Wir alle wissen, dass die griechische Regierung in den letzten Wochen enormen Druck auf die eigene Bevölkerung ausgeübt hat, um die Krise in den Griff zu kriegen. Wir alle wissen, dass innerhalb der Europäischen Union ein Paket von 750 Milliarden Euro geschnürt worden ist, um die Länder, die in eine Krise geraten sind, zu unterstützen und sie dort herauszubringen. Trotzdem ist Griechenland heruntergestuft worden. Ähnliches ist letztlich auch mit Spanien passiert. Nachdem Spanien Sparpakete aufgelegt hat, ist auch Spanien heruntergestuft worden.

Herr Barnier, Sie haben eben das Bild des Fieberthermometers benutzt und haben gesagt, dass man das nicht zerbrechen darf. Hier muss man aber doch fragen, ob das Fieberthermometer als Bild für die Rating-Agenturen wirklich geeignet ist. Offensichtlich trägt es doch dazu bei, dass die Klienten, dass der Patient, um den es geht, nicht in eine bessere Lage kommt – das kann er sowieso nicht. Es ist zwar kein Medikament, aber offensichtlich trägt dieses Fieberthermometer dazu bei, dass die Patienten in eine noch wesentlich schlimmere Lage kommen. Es kann doch nicht sein, dass Staaten, die diese Anstrengungen unternehmen, trotz alledem weiter abgestuft werden.

Da stellt sich dann die Frage: Was leisten denn diese Rating-Agenturen? Es ist eben schon gesagt worden: Sie haben nicht im Vorfeld erkennen können, wo es zu Krisen kommt. Es hat also keinen Beitrag der Rating-Agenturen zur Krisenprognose, zur Krisendiagnose gegeben. Lehman Brothers ist kurz bevor es zusammengebrochen ist, nochmals durchaus positiv bewertet worden. Man hat also mit dieser Methodik, mit der sie arbeiten, überhaupt nicht erkennen können und wollen, was da auf uns zukommt. Insofern ein völliges Versagen dieses Instruments.

Zur Krisenbewältigung haben sie auch nicht beigetragen. Ich habe es eben zitiert: Die Krisensituation, das Rating ist durch die Anstrengungen nicht verbessert worden, sondern man macht sich Sorgen – so heißt es in den Medien –, dass man die Pakete, die man geschnürt hat, doch nicht packen kann. Dann wird weiter heruntergedrückt, weiter herabgestuft.

Ich möchte noch mit einem Satz darauf hinweisen, dass Staaten und Unternehmen nicht vergleichbar sind. Das Rating muss man noch einmal genauer angucken. Es reicht nicht aus, einfach nur ein bisschen auf der Make-up-Ebene zu arbeiten, sondern es ist notwendig, die Grundlagen des Rating-Systems grundlegend zu verändern.

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