Europäischer Mindestlohn versus europäisches Mindesteinkommen ?

EINE KURZINFO von THOMAS HÄNDEL

16.09.2010

Europäische Mindestlöhne, Forderungen und Regelungen

Der Mindestlohn ist eine der Kernforderungen der LINKEN, die in den letzten Jahren stetig fortentwickelt wurde. Zum einen in der Frage der Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes, zum Zweiten bei der Suche nach einer geeigneten Berechnungsgrundlage. Beginnend mit 7,50 Euro, die noch 2005 im Bundestagswahlprogramm gefordert wurden, über 8 Euro (Bundestagsfraktion), 8,84 Euro (Bundestagsfraktion), „nach französischen Modell" auf 10 Euro (Bundestagswahlprogramm 2009 und Bundestagsfraktion heute).

Diese Entwicklung antizipiert auch DIE LINKE. im Europäischen Parlament gemäß ihrem politischen Wirkungsfeld. Dazu gibt es eine Positionierung im Europawahlprogramm der LINKEN, in dem ein Mindestlohn in Höhe von mindestens 60 Prozent des nationalen Durchschnittslohns gefordert wird. Dies wurde auch schon vom Europäischen Parlament in Resolutionen und Aufforderungen an Mitgliedsstaaten und Europäische Kommission gefordert und beschlossen.

Der Begriff „Durchschnittslohn" stellt nun eine allgemeinverständliche Formulierung dar, die aber als exakt zu definierender Wert schwer verifizierbar ist. Die Forderung müsste auf eine exakte Bemessungsgrundlage konkretisiert werden.

Das "Durchschnittseinkommen", so die offizielle Bezeichnung in Deutschland, definiert das „...durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten...". Nicht nur für Deutschland ist das exakter. Es wird durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates jährlich unter Berücksichtigung vom statistischen Bundesamt erhobener Daten festgestellt.

Unsere Forderung hätte z. B. für Deutschland 2008 einen Mindestlohn von ca. 18.527.- Euro brutto (30879 Euro brutto jährliches Durchschnittsbruttoarbeitsentgelt lt. DRV 2009 für 2008) bedeutet, was bei einer tariflichen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 37,6 h (Institut für Arbeit und Qualifikation, 2010 für 2008) einem Stundenlohn von 9,48 Euro brutto entsprochen hätte.

Für das Jahr 2010 wurde das Durchschnittsentgelt = 32.003 Euro festgesetzt. 60 Prozent davon sind knapp über 1600 Euro und damit bei einer durchschnittlichen tariflichen Arbeitszeit ziemlich exakt die aktuelle Forderung der Partei nach einem Mindestlohn von 10.- Euro.

Wollte man einen negativen Einfluss von Minilöhnen auf die Bemessungsgrundlage vermeiden, müsste man künftig die „durchschnittlichen Bruttoverdienste vollzeit- und teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer ohne geringfügig Beschäftigte"von 36.800.- Euro (destatis 2009 für 2008) zugrunde legen. Dies würde dann einen Mindestlohn von 11,85 Euro brutto bedeuten. Darüber wäre in weiteren parteiinternen Debatten zu befinden.

Europäisches Mindesteinkommen

Auch Mindesteinkommen sind eine Kernforderung der LINKEN. Im Europawahlprogramm heißt es dazu: DIE LINKE fordert, dass „kein Mensch in Europa mehr unterhalb der Armutsgrenze von 60 Prozent des jeweiligen nationalen Durchschnittseinkommens leben muss."

Die Armutsgrenze wiederum wird durch das nationale Netto-Medianäquivalenz-Einkommen nach OECD- Standart definiert.

Für das nationale Netto-Medianäquivalenz-Einkommen gibt es zwei unterschiedliche Berechnungsgrundlagen, eine „alte" und eine „neue" Skala der OECD. In Deutschland und den meisten EU-Mitgliedsstaaten wird die neue Skala der OECD verwendet. Nach dieser Skala beträgt das Nettoäquivalenzeinkommen in Deutschland im Jahre 2004 (letzte Zahlen, OECD) 10274 Euro jährlich, also 1427 Euro monatlich. Die Armutsschwelle liegt demnach nach den Zahlen von 2004 bei 856 Euro monatlich.

DIE LINKE hat die Forderung nach einem solchen Mindesteinkommen an verschiedenen Stellen in Berichten und Resolutionen im Europäischen Parlament eingebracht. Mit Berichten von Gabi Zimmer und Ilda Figuerdo (beide GUE/NGL) zu Armut und Mindesteinkommen in Europa hat sich das Europäische Parlament diese Position zu Eigen gemacht und mit großen Mehrheiten auch als politische Forderung beschlossen. Diese Forderung wurde mit den Integrierten Leitlinien für Beschäftigung auf Drängen von LINKEN, Sozialdemokraten und Grünen in die Debatte zur EU-2020-Strategie eingebracht.

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