"Gegen mich und meinen Lohn"

von Mirco Stodollick, erschienen in der WAZ (Castrop-Rauxel)

12.06.2008

Mitarbeiter-Vertreter Stefan Konrad sieht die Klage der Ev. Krankenhausgemeinschaft gegen den Tarifabschluss als Angriff auf die Belegschaft. Kritik kommt auch von Sozialpfarrer Jürgen Klute

Harsche Kritik an der Klage der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel gegen das aktuelle Tarifwerk für die Beschäftigten der Landeskirche und des Diakonischen Werkes üben die Mitarbeiter-Vertretung des Hospitals sowie Sozialpfarrer Jürgen Klute (Die Linke). Die am Arbeitsgericht anhängige Klage richte sich gegen rund 2500 Beschäftigte im Kirchenkreis und in der Konsequenz gegen alle 140 000 Mitarbeiter unter dem Dach der evangelischen Kirche in Nordrhein-Westfalen. Die kirchlich Beschäftigten seien ob der Klage "verunsichert und frustriert".

Konrad und Klute werten das gerichtliche Vorgehen der Krankenhausgemeinschaft als "völlig falsche Reaktion". Superintendent Reiner Rimkus liege mit seiner im WAZ-Samstagsinterview geäußerten Einschätzung daneben, per Gerichtsprozess ein deutliches politisches Signal setzen zu können, das sich nicht gegen die Mitarbeiter richte. "Das ist völliger Quatsch. Wenn mein Arbeitgeber sich gegen das Tarifwerk wehrt, richtet sich die Klage gegen mich, gegen meinen Lohn", so der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) der Krankenhausgemeinschaft, Stefan Konrad.

Der ehemalige Herner Sozialpfarrer Jürgen Klute, jüngst bestätigtes Bundesvorstandsmitglied der Linkspartei, fordert den hiesigen Kirchenkreis und die Krankenhaus-Geschäftsführung auf, sich auf anderem Weg gegen ihre "von EU und Bund verursachte finanzielle Notsituation" zur Wehr zu setzen. Es bedürfe einer starken Protestbewegung, die man in Gang setzen müsse, "um die öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern" und "für eine ordentliche Refinanzierung der Krankenhäuser zu sorgen". Verbündete stünden mit Verdi, Linkspartei, Teilen der SPD und Attac reichlich zur Verfügung. Klute: "Man muss es öffentlich diskutieren, dass man Krankenhäuser nicht privatwirtschaftlich betreiben kann. Das kann man nicht gerichtlich klären. Herr Rimkus tut so, als sei der Wettbewerb vom Himmel gefallen, der Druck aber wird seit Errichtung des EU-Binnenmarktes 1993 erzeugt."

Konrad und Klute nehmen an weiteren Äußerungen von Superintendent Rimkus im WAZ-Interview vom 7. Juni Anstoß zur Kritik. Dass man sich im kirchlichen Bereich nicht zum Lohndumping bewege, stimme nicht, kommentiert Konrad eine Interview-Aussage Rimkus', der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Ev. Krankenhausgemeinschaft ist. So gebe es im Krankenhaus Pflegerinnen, die - von der Hospital-eigenen Dienstleistungsgesellschaft (DLG) für Krankheitsvertretung und Abbau von Überstunden entliehen - für rund 300 Euro weniger Lohn im Monat, weniger Weihnachtsgeld und Urlaubsanspruch als ihre Stationskolleginnen arbeiten müssten. Auch wenn deren Zahl gering sei, so Konrad, sei nicht einzusehen, warum es für gleiche Arbeit nicht gleichen Lohn gebe.

Konrad beklagt in seiner Funktion als Verdi-Ortsvorstand darüber hinaus eine Ungleichbehandlung unter dem Dach des Diakonischen Werkes, wo neu eingestelltes Personal seit Oktober nicht mehr nach dem BAT kirchlicher Fassung, sondern nach deutlich preiswerteren Arbeitsvertragsrichtlinien der Evangelischen Kirche in Deutschland und anderen Landeskirchen entlohnt werde. Eine solche Tarifspaltung widerspreche den Vorgaben der hiesigen Landeskirche, so Konrad. Er schlussfolgert: "Das ist Tarifflucht und Lohndumping."

Der Artikel ist auch im WAZ-Portal[1] nachzulesen.

Links:

  1. http://www.derwesten.de/staedte/castrop-rauxel/Gegen-mich-und-meinen-Lohn-id1858208.html