Widerstand gegen Bergbauprojekt gewaltsam niedergeschlagen

Anfrage an Catherine Ashton, Außenpolitische Vertreterin der EU

04.07.2013
Jürgen Klute, Cathérine Grèze

Seit November 2011 wird in Cajamarca, Peru, der friedliche Widerstand vor Ort gegen das Bergbauvorhaben Conga der Bergbaugesellschaft „Newmont“ durch die peruanische Regierung gewaltsam unterdrückt. Durch dieses Vorhaben werden die lebensnotwendigen landwirtschaftlich genutzten Flächen und die lebensnotwendige Trinkwasserversorgung der Gemeinschaften vor Ort bedroht. Selbst Umfragen zufolge lehnen 78 % der Bevölkerung in Cajamarca das Bergbauvorhaben ab. Am 3. Juli 2012 wurden erstmals Demonstranten Opfer des Konflikts: Vier Menschen kamen ums Leben, als Polizisten in die Menge schossen. Ein Jahr nach dem tragischen Ereignis wurde noch niemand zur Rechenschaft gezogen, und die Morde sind immer noch nicht ernsthaft untersucht worden. Bislang haben mehrere internationale Organisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, das gewaltsame Vorgehen gegen und die Unterdrückung der Bevölkerung von Cajamarca seitens der peruanischen Regierung verurteilt.

— Auch die EU trägt eine Mitverantwortung für diesen Konflikt. Zunächst sind die Deutsche Bank, BNP Paribas, HSBC Bank und Société General — alles europäische Unternehmen — entweder Anteilseigner der Bergbaugesellschaft „Newmont“, oder sie haben der Gesellschaft Geld geliehen oder treten als deren Konsortialführer auf. Ist die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin nicht der Ansicht, dass es vor dem Hintergrund der Mitteilung der Kommission über die soziale Verantwortung der Unternehmen aus dem Jahr 2011 angemessen wäre, die Beteiligung der genannten Unternehmen an der Bergbaugesellschaft „Newmont“ zu untersuchen?

— Darüber hinaus enthielt das jüngste Freihandelsübereinkommen zwischen der EU, Peru und Kolumbien einen Fahrplan. Kann die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin vor dem Hintergrund der vorstehend genannten Menschenrechtsverletzungen und der Tatsache, dass dieser Fahrplan zwar von der Kommission unterstützt, allerdings von den parlamentarischen Fraktionen GUE/NGL und Verts/ALE sowie von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften aufgrund seines unverbindlichen Mechanismus zum Schutz und zur Stärkung der Arbeits‐ und Bürgerrechte kritisiert wurde, skizzieren, wie die EU und die peruanische Regierung beabsichtigen, diesen Fahrplan mit Blick auf dessen erklärte Ziele umzusetzen?

— Hält es die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin vor dem Hintergrund der gewaltsamen Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten, der Verfolgung von Aktivisten, die sich gegen das Bergbauvorhaben Conga engagieren, und der rigorosen Durchsetzung des Bergbauvorhabens seitens der peruanischen Behörden — Umstände, die ausnahmslos einen klaren Verstoß gegen internationale Menschenrechtsübereinkommen und die Rechtsstaatlichkeit in Peru darstellen — nicht für angemessen, die peruanischen Behörden zu ihrem Umgang mit dem Conga-Projekt zu befragen? Wie beurteilt die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin diese Ereignisse?

Antwort von Catherine Ashton im Namen der EU-Kommission, 26.8.2013

Die EU ist sich der mit diesem umstrittenen Projekt verbundenen Problematik durchaus bewusst. Vertreter der EU-Delegation sind im Juni 2013 in die Region gereist und haben dort die verschiedenen Interessenträger getroffen.

Die EU hat gegenüber Peru auf höchster Ebene das Thema soziale Konflikte im Zusammenhang mit Bergbauvorhaben wie dem Conga-Projekt aufgeworfen. Während der letzten jährlich stattfindenden bilateralen Konsultationen mit Peru wurde vereinbart, Informationen und bewährte Methoden für die Prävention und Lösung von sozialen Konflikten und für die nachhaltige, transparente und partizipatorische Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen auszutauschen.

Die EU begrüßt die Einrichtung eines Büros für Dialog und nachhaltige Entwicklung im Amt des Ministerpräsidenten sowie die Ernennung eines Vertreters der Zentralregierung, die mit der lokalen Bevölkerung in Cajamarca zusammenarbeiten und den Dialog zwischen den gegnerischen Parteien vertiefen sollen.

Die Kommission verfügt weder über ein Mandat noch über Mittel zur Untersuchung von Beschwerden über mangelndes Verantwortungsbewusstsein seitens EU-Unternehmen, hat jedoch in ihrer Mitteilung von 2011 über die soziale Verantwortung der Unternehmen(1) (Corporate Social Responsibility — CSR) ihre Erwartungen hinsichtlich des verantwortungsvollen Verhaltens aller Unternehmen dargelegt; dazu zählt auch die Einhaltung der international anerkannten CSR-Grundsätze und ‐Leitlinien. Die Kommission hat außerdem sektorspezifische Leitlinien veröffentlicht, darunter für den Öl‐ und Gassektor, die den Unternehmen helfen sollen, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit Risiken für Menschen sowie sonstige negative Auswirkungen zu ermitteln, zu reduzieren oder zu vermeiden.

Bei den „Fahrplänen“, auf die sich die Frau Abgeordnete und der Herr Abgeordnete beziehen, handelt es sich um unilaterale Reaktionen Perus und Kolumbiens auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Handelsübereinkommen zwischen der EU, Kolumbien und Peru(2). Die EU-Dienststellen stehen bereit, die Umsetzung dieser Fahrpläne zu unterstützen.